Anonymität ist auch nur relativ
18.11.2024 19:00
Gold News vom 18. November 2024
Gold & Gesellschaft
Schweizer Banken galten seinerzeit als sicherer Hafen für Gelder, die man vor dem deutschen Finanzamt in Sicherheit bringen wollte. Vielfach handelte es sich dabei um ordentlich versteuertes Geld, das man auf anonymen Nummernkonten parken wollte. Die Zinsen, Dividenden oder Kursgewinne darauf hat man jedoch nicht dem deutschen Finanzamt gemeldet.
Ein schwerer Fehler: So wurde aus dem ordentlich versteuerten Vermögen nun Schwarzgeld; also quasi Gangster-Geld wie zu Zeiten von Al Capone. Findige Bankmitarbeiter haben die Daten ihrer deutschen Klienten gesammelt, auf eine CDROM gebrannt und an die deutschen Steuerbehörden verkauft. Es kam zu spektakulären Festnahmen im Rahmen der eingeleiteten Steuerstrafverfahren. Post-Chef Klaus Zumwinkel zum Beispiel. Das Geld wird in solchen Fällen oft beschlagnahmt: Es ist also zu 100% weg.
In Panik ggf. auch auf dieser CDROM zu stehen kam es zu einer Reihe von Selbstanzeigen potentieller Steuersünder mit der Folge hoher Steuernachforderungen und Strafzahlungen. Das Schweizer Nummernkonten-System war damit aber tot – weil die Anonymität nicht mehr gewährleistet werden konnte.
Mit der Verbreitung von Musikstücken und Filmen über das Internet mittels Tauschbörsen in den 2010er-Jahren mussten die Lizenzinhaber noch in umfangreiche und spezialisierte Technik investieren, um den Übertätern auf die Schliche zu kommen. Und das trotz Nutzung von Peer-to-Peer Verfahren, wo der Austausch eben nicht über zentralisierte Server, sondern direkt zwischen den Endnutzern erfolgte. Bei der angewandten perfiden Methode spielte die Beweise für die illegale Handlung sichernde Plattform einen solchen Peer-to-Peer Nutzer. Das Problem: Die IP-Adresse war wegen der dynamischen Zuordnung nicht zu einem bestimmten Nutzer zuordbar. Aber das Problem konnte man dank des hündischen Verhaltens der Deutschen Telekom und dem Einsatz der Gerichte relativ schnell lösen und die beauftragte Abmahnkanzlei kam so schnell zu den Adressen des Anschluss-Inhabers, der sich hinter dieser IP-Adresse zu dem Zeitpunkt verbarg.
Manche Nutzer glauben, durch den Einsatz von VPN-Providern ihre wirkliche Identität verdecken zu können. Das funktioniert meistens. Aber als Informatiker, der damals noch das OSI 7-Schichtenmodell lernen musste, weiß ich, dass die Identität des Nutzer nicht nur in den unteren Protokoll-Ebenen [wie die IP-Adresse und Port-Nummer] verraten wird, sondern oft auch in der Applikations-Ebene. Und gerade dort erfolgt keine Anonymisierung. Mittels Deep-Packet-Inspection (DPI) verfügen quasi alle Anbieter für den Internet-Zugang über Technik, jedes Paket auch auf Informationen in der Applikations-Ebene zu untersuchen. Wer denkt, er könne hier anonym agieren, hat mindestens die letzten 5 Jahre der Technologie-Entwicklung verschlafen.
Damit war auch hier die Anonymität des Internets durch die dynamische Zuordnung des Nutzers zu einer bestimmten IP-Adresse Geschichte.
Die AI bietet jetzt die Möglichkeit, automatisiert und ohne großen technischen Aufwand die ‚Sünder‘ massenweise aus ihrer Anonymität zu holen und im Rahmen von Straf- und Zivilverfahren verfolgen zu können. Den Aufwand dafür dürfen sie im Rahmen eines Abmahnverfahrens, genau wie bei der Verfolgung der Nutzer von Tauschbörsen, auch noch selbst zahlen, wie die Tagesschau am 28. September 2024 unter dem Titel „Start-up - Mit KI gegen Hass“ https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/ki-hass-start-up-100.html berichtete.
Lawfare, also Kriegführung mit Hilfe des Rechtssystems, lautet der Begriff im anglo-amerikanischen Raum.
Kommen wir zurück zu den Steuersündern. Privat war man bislang relativ sicher, seine nicht versteuerten Erlöse aus Spekulations-Geschäften, privaten Verkäufen etc unbeachtet am Finanzamt vorbei schleusen zu können. Aber auch hier kann AI für ein automatisiertes Verfahren eingesetzt werden, das auch die kleinen Steuersünder aufspüren und dann für entsprechende Steuer-Strafverfahren mit hohen Nachforderungen und Strafzahlungen eingesetzt werden kann. Inklusiv der Option für die Beschlagnahme des gesamten Vermögens.
Die Infrastruktur für den Zugang auf Kontodaten / Transaktionen und Depots ist bereits vorhanden. Und zwar Online – und nicht über eine ‚FAX-Schnittstelle‘.
Am Ende bleibt dann nur noch die Anonymität von den Geschäften, die mittels Bargeld-Zahlung ohne Identitätskontrolle durchgeführt werden, übrig. Und diese werden immer rarer.
Jegliche Transaktionen oder Bestände, die elektronisch - egal ob in einer zentralisierten oder dezentralisierten Server-Infrastruktur oder auch Peer-to-Peer – erfasst werden, unterliegen dem Risiko der Entdeckung steuerrechtlichen Fehlverhaltens. Und das trotz strenger Krypto-Algorithmen, die allerdings NSA, FBI & Co. immer öfters in der Lage sind, zu knacken.
Die Schlinge, die sich um den Hals des Bürgers gezogen hat, ist inzwischen ganz schön eng geworden.
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